Der morgentliche Blick in die Tageszeitung bietet ein beklagenswertes Abbild aktueller Schulpolitik. Eine Studie berichtet über psychologische Probleme der Schüler, fehlende Tagesstruktur, akuten Mangel an sportlicher Betätigung. Ein paar Quadratzentimeter weiter erwartet das Landesbildungsministerium von den Schulen kurzfristigst einen Vergleich der Zeugnisnoten vor und mit Corona. WEN INTERESSIEREN JETZT BITTE ZEUGNISNOTEN??? Haben wir keine anderen Probleme? Haben die Schulleitungen eventuell gerade Wichtigeres zu tun ? Und was bringt es, Äpfel mit Birnen zu vergleichen? Ich hoffe doch inständig, dass es genügend Lehrkräfte gibt, die es notentechnisch gerade etwas entspannter angehen lassen.
Ich stelle mir vor, es verschlägt den Nachwuchs in die hohe Politik. Muss ja auch jemand machen. Wie steht es in Sachen Projektmanagement um die Schülerschaft? Leute, es wäre mir echt peinlich, wenn sich ihre diesbezüglichen Fähigkeiten beispielsweise auf dem Niveau unseres Gesundheitsministers bewegen würden. Also hier am besten immer in der Freizeit vorbeugen. Ich überschlage kurz eins der größeren Projekte unserer Tochter – eigene Hütte auf dem Weihnachtsmarkt. Erstens Plan aufstellen, zweitens um Personal kümmern, drittens selbst einkaufen, viertens Teig anrühren, fünftens Werbung raushängen, sechstens Bude öffnen, siebtens durchhalten, achtens aufräumen. Ich bin beruhigt, sie hat dem Minister schon einiges voraus.
Es kann nicht genug wertgeschätzt werden, wenn Freizeit und Hobby aktuell noch Projektinput bieten können. Und sei es die Online-Vorbereitung des Online-Konfirmandenunterrichts durch die Konfi-Teamer oder der Lego-Roboter-Wettkampf des Juniors, der weitestgehend online vorbereitet wird. Ein Dank an alle, die sich die Mühe machen, mit den Kindern so etwas trotzdem durchzuziehen.
Schade, dass den Schülern gerade die Schulprojekte verlorengehen, die die wichtigen Dinge fürs Leben vermitteln. Drei Wochen Praktikum im Altenheim, die Fahrt ins KZ Dachau, Schüler-Sprachaustausch. Selbst die ausgefallene Klassenfahrt. Nichts davon kann durch theoretischen Unterrichtsstoff ersetzt werden. Nichts ersetzt das bewusste Erleben von Mitgefühl. Eine Fähigkeit, die dringend wieder gesellschaftliche Verbreitung verlangt.