Sport ist Mord, heißt es. Momentan eher gegenteilig zu gebrauchen, denn wir haben wieder das Problem mit dem Immunsystem. Kein Schulsport, kein Freizeitsport. Die Anzahl entgangener Liegestütze beim Leistungsturnen des Juniors verhält sich proportional zu spontanen Sofasprüngen während nun häufiger vorkommender Filmabende. 10 Runden um die Feuerstelle!“, heißt es in solchen Fällen oft. Besagter Ort befindet sich gut 100 m vom Haus entfernt. Das überflüssig lang erschienene Grundstück mit unglaublichem Unkrautpotential gewinnt derzeit eine völlig neue Bedeutung. Auch die darauf lagernden Kubikmeter an zu spaltendem und zu stapelndem Brennholz dienen täglich als Bewegungstraining. Während meine Tochter regelmäßig Fitness praktiziert, hat Weihnachten bei mir viel Unheil angerichtet. Das Push-up-Niveau – es Liegestütze zu nennen ist old school – ist von 20 auf 10 gesunken. Der Junior muss mich antreiben, damit ich wenigstens einen zweiten Pull-up – Klimmzug ist es übrigens auch – an seiner Turnstange schaffe. Ich fühle mich wie ein Sandsack, ich muss was tun. Motivation, wo bist du?

Selbstbewusstsein und Lust auf Bewegung werden leider häufig schon im Schulsport ganz locker gekillt. „Schneller, höher, weiter“ ist wohl das Programm des sachsen-anhaltischen (anhaltiNIsch verwendet man fürs Fürstengeschlecht, habe ich gerade gelernt) Grundschullehrplans. Für nicht ganz so große Sportskanonen ein Leichtes, sich mangelhafte Leistungen bescheinigen zu lassen, wenn’s mal im Seilsprung oder beim Sprint nicht so klappt. Bei den bis 10jährigen wohlgemerkt. Schon vor drei Jahrzehnten kam es für mich notentechnisch nicht so gut, als ich in Grundschulzeiten immer am Sprungbock kleben blieb. Oder der Schlagball partout nach gefühlten 10 Metern zu Boden ging. Belohnungshormone gibt’s dafür jedenfalls nicht. Dafür die Gewissheit, dass Sport total doof ist. Wer bitte verantwortet so etwas? Den natürlichen Bewegungsdrang eines Kindes nachhaltig zu bremsen ist gesundheitspolitisch eine mega clevere Idee. Dabei geht es im niedersächsischen Ansatz offenbar auch anders.  Teamgeist, Fairplay, Mitwirken beim Erarbeiten von Regeln – und schon klappts deutlich öfter mit Fun und Feedback. Es werden überwiegend Kompetenzen bewertet, die im Leben eine sehr sinnvolle Rolle spielen. Welchen Arbeitgeber interessiert es bitte, dass ich eine Wurf-Niete bin, dafür aber die Erste oben an der Kletterstange. Oder das Selbstbewusstsein für einen coolen Kastensprung erst in der Oberstufe entdeckte.